Von den Bädern in die Welt hinaus – wie alles begann...
1895 – 2020: 125 Jahre Twerenbold = eine Erfolgsgeschichte! Ein turbulentes Jubiläumsjahr ging zu Ende und wir möchten Ihnen die spannendsten Episoden einer bewegten Firmengeschichte nicht vorenthalten. Lesen Sie hier wie alles begann...
21. Dezember 2020
Ein Zuger im Bäderquartier: Jacobus Mathias Twerenbold
Dass die Gründung 1895 in den grossen Bädern im Badener Bäderquartier erfolgte, ist kein Zufall. Der Gründerkrach von 1873 und die damit verbundene Wirtschaftskrise waren überstanden. Jedes Jahr fanden mehr Kurgäste den Weg an die Limmat, sodass die Badener Hotellerie zunehmend Arbeitskräfte benötigte. Jung und ledig waren diese meist, wie auch Jacobus Mathias Twerenbold, genannt Jakob Twerenbold, der aus Hünenberg im Kanton Zug stammte. Er heuerte in den Jahren 1892 und 1893 als Kutscher und Portier im Grand Hotel Baden an, der damals luxuriösesten Adresse in der Limmatstadt.
1894 kehrte Jakob Twerenbold für eine Saison in seinen Heimatkanton zurück und arbeitete im Hotel Hirschen in Zug als Portier. 1895 kam er erneut nach Baden – jetzt frisch verheiratet mit Maria Catharina Knüsel aus Meierskappel. Die Junggesellenzeit, das Wanderleben, das ihn als Fabrikarbeiter in die Westschweiz geführt hatte, war vorüber. Mit sechs Pferden im Stall und einer Kutsche als Fahrhabe gründete er seine eigene Fuhrhalterei, die im Bäderquartier in der Scheune neben dem ehemaligen Staadhof untergebracht war. Er brachte die Gäste des Grand Hotel, des Verenahof, der Blume sowie weiterer Badehotels vom Bahnhof an ihren Aufenthaltsort und unternahm mit ihnen Ausflugsfahrten ins Grüne. In den ruhigeren Wintermonaten führte er Warentransporte aus, um die Fixkosten für die Pferde besser decken zu können.
Jakob Twerenbold: Fabrikarbeiter, Kutscher, Unternehmer
Jakob Twerenbold wurde am 19. Juni 1864 in Hünenberg geboren. Über seinen Werdegang vor der Firmengründung ist nur wenig bekannt. Sein Dienstbüchlein nennt als Beruf Fabrikarbeiter. Vom 1. Oktober 1889 bis Ende Juli 1890 arbeitete er für die Zuger Weberei G.A. Keiser. Später fand Jakob Twerenbold seinen Weg in die damals boomende Hotellerie und arbeitete unter anderem als Hausportier im Hotel Cerf in Zug. In den Saisons 1892 und 1893 war er als Kutscher im Grand Hotel Baden angestellt. Am 12. Januar 1895 heiratete er dann Maria Catharina Knüsel und machte sich noch im selben Jahr selbständig.
Jakob Twerenbold war am richtigen Ort! Eine wachsende Schar an Kurgästen garantierte ihm ein sicheres Auskommen, zuerst im Bäderquartier in Baden und ab 1905 am Sonnenberg in Ennetbaden. Die Familie vergrösserte sich nach und nach. Die Söhne Otto (1895 – 1936), Josef (1894 – 1945), Hans (1899 – 1973) und Walter (1903 – 1992) wurden geboren. Jakobs Ehefrau Maria Catharina starb 1907 an Tuberkulose und so stand er plötzlich mit vier Kindern alleine da. Elisabeth, die jüngere Schwester der Verstorbenen, unterstützte Jakob Twerenbold in dieser schweren Zeit im Haushalt und mit den Kindern. 1909 heirateten die beiden. Die Familie vergrösserte sich um die drei weiteren Kinder Franz (1909 – 1998), Elisabeth (1910 – 2005) und Marie (1919 – 2005). Alle Nachkommen waren bereits früh alle auf ihre Weise in den Betrieb eingebunden. Ihr Leben war geprägt durch die stetig wachsende Fuhrhalterei ihres Vaters. Seine Nachkommen sehen Jakob Twerenbold als ausgezeichneten Unternehmer, aber auch als stillen, zurückhaltenden Schaffer. Über sein Leben neben Firma und Familie ist dementsprechend eher wenig bekannt. Nach kurzer Krankheit starb er mit 87 Jahren an Neujahr 1951.
Baden – Boom in der Belle Epoque
Die Stadt Baden industrialisierte sich im Vegleich eher spät, dafür ab den 1890er-Jahren in einem umso schnelleren Tempo: BBC, Oderlin, Merker und weitere Fabriken siedelten sich an oder expandierten. Mit dem Ausbau liessen sich Arbeiterinnen und Arbeiter mit ihren Familien in Baden und Wettingen nieder, was zu einem kontinuierlichen Bevölkerungswachstum führte. Daneben florierte der Kurbetrieb in der Belle Epoque: sehr günstige Perspektiven für einen Jungfuhrhalter also. Mit dem 1847 eröffneten Bahnhof war Baden auf dem Schienenweg bequem und relativ schnell erreichbar, für den Transport ins Bäderquartier standen auf dem Bahnhofplatz stets Hotelkutschen bereit.
Gewiss nahm nur ein Bruchteil der Kurgäste die Dienste des Fuhrhalters Jakob Twerenbold in Anspruch. Die Preise für Fahrten von und zum Bahnhof sowie für Ausflüge waren stattlich, und mancher durchschnittlich begüterte Badegast überlegte sich mehr als nur einmal, ob er sich chauffieren lassen solle. Die Kutschendienste waren der Oberschicht vorbehalten, den reichsten Kurgästen also, die teilweise monatelang in Baden blieben und sich ein Leben ohne Arbeit problemlos leisten konnten. Es trafen hier Adelige auf das reich gewordene Bürgertum, sprich Industrielle und Kaufleute. Professoren und Akademiker teilten sich die Hotels mit renommierten Ärzten, Politikern und Diplomaten. Sie alle gehörten zu den Kurgästen, die potenziell Platz nahmen auf Jakobs gepolsterten Kutschenbänken, sodass er mit seinen sich stetig angesammelten Ersparnissen 1905 die Liegenschaft Sonnenberg in Ennetbaden erwerben konnte, worin sich fortan der Hauptsitz seines Familienunternehmens befand.
«Prompte Bedienung bei billigster Berechnung»
Jakobs erster Werbeslogan war ambitiös – und wollte er diesen umsetzen so war er auf die Hilfe der ganzen Familie angewiesen. Ale Nachkommen waren auf ihre Weise in der Fuhrhalterei beteiligt. Sobald sie dafür kräftig genug waren, halfen die vier Söhne Otto, Josef, Hans und Walter im Betrieb mit. Josef Twerenbold sollte später der erste Carchauffeur der Firma werden, Hans leitete bereits in den 1920er-Jahren die kaufmännische Abteilung und Walter zeigte sich verantwortlich für die Disposition, kümmerte sich um die Pferde und den landwirtschaftlichen Betrieb. Otto Twerenbold arbeitete auch im Familienbetrieb bis er 1936 beim Möbeltransport in einem Treppenhaus verunglückte.
Die Buchhaltung der Fuhrhalterei wurde zunächst im Wohnzimmer des 1905 erworbenen Bauernhauses am Sonnenberg eingerichtet. Elisabeth Twerenbold nahm tagsüber oder auch zu nächtlicher Stunde per Telefon Bestellungen entgegen. Ob Fuhrmänner, Knechte oder Chauffeure – viele Angestellte des Familienbetriebs wohnten bei der Familie und wurden aus dem selbst angelegten Gemüsegarten verpflegt. Die familiäre Verbundenheit und die frühe Einbindung der Nachkommen waren gewiss nicht unüblich für diese Zeit. Und dennoch legten sie den Grundstein für den erfolgreichen Weiterbestand der Firma Twerenbold als Familienunternehmung und «Transport-Dynastie».
Das Geschäft florierte und Jakob erweiterte sein Geschäft kontinuierlich, sodass in seinem Stall bald 20 Kühe und 27 Pferde standen. Letztere benötigte die Familie Twerenbold «zwecks Führen von sämtlichem schwerem Fuhrwerk für Sand, Kies oder Milch und vor allem sonntags für Ausflüge. Der Hauptverdienst Twerenbolds waren Waren- und Personentransport. Der integrierte landwirtschaftliche Betrieb und die Kiesgrube Biland & Twerenbold sorgten für Zusatzeinkünfte.
Ein Badener Kutscher ohne Kurgäste?
Mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs endete nicht nur die jahrzehntelange Hochkonjunktur. Es endete auch eine Zeit, in der man ohne Pass und Visum kreuz und quer durch Europa reisen konnte: eine Zeit des Friedens und der offenen Grenzen. Die Badener Kurgäste reisten im Sommer 2014 in Scharen ab, die Hotels leerten sich rasch und Jakob Twerenbold verlor auf einen Schlag seine Hauptkundschaft. Bis auf zwei verbliebene Pferde wurden alle von der Schweizer Armee eingezogen, der landwirtschaftliche Betrieb musste das Überleben sichern. Wie genau die Firma Twerenbold die schwierige Kriegszeit überstand ist kaum überliefert. In den ersten Saisons nach dem ersten Weltkrieg war Baden zwar wieder relatv gut besucht, die schwierige Konjunkturlage dauerte jedoch weiter an. Immer mehr blieben die wichtigen ausländischen Gäste der Schweiz fern. Etliche Hotels, so auch das Grand Hotel Baden im Jahr 1939, mussten schliessen. Weniger Gäste insgesamt, vor allem gut betuchte, bedeuteten auch weniger nachgefragte Fahrten mit Twerenbold. Mittel- und langfristig musste man sich um den Weiterbestand des bis anhin soliden Kundensegments im Personentransport Sorgen machen.